Knut Hamsun: Rosa

Ich hätte dieses merkwürdige Buch nie in die Hand genommen, wenn ich meine jüngste Tochter nicht Rosa genannt und von Freunden zur Geburt dieses Buch geschenkt bekommen hätte.

Ich bin kein Knut-Hamsun-Kenner, aber trotzdem las ich das Buch mit Vergnügen, freute mich darüber, dass „Rosa“ als eine geheimnisvolle, begehrenswerte Frau geschildert wird und resümierte schließlich mit einem Satz die Rezeption: „Eine wilde Geschichte.“

Schauplatz ist eine Hafenstadt Norwegens. Student Parelius ist auf dem Weg zu seinem Studiengefährten Munken Vendt (Hamsun-Kennern wird Vendt aus vorherigen Romanen bereits ein Begriff sein). Er will mit ihm auf Jagd gehen. Auf dem Weg dorthin kehrt er im Hause Benoni (auch hier trifft man auf eine bekannte Hamsun-Figur) ein. Benoni bittet Parelius, einige Bilder von seinem Anwesen zu malen. Der Student erklärt sich bereit und nimmt seine Arbeit auf. Kurz darauf begegnet er Rosa, eine geheimnisvolle Gestalt, die ihn sofort in seinen Bann zieht. Nach und nach bekommt er heraus, dass Rosa mit Benoni verlobt war, diese Verbindung aber zugunsten eines anderen gelöst hat. Der Andere, Nikolai, ist nun tot, heißt es, Rosa kommt zurück und Benonis Werben beginnt aufs Neue.

Rosa erzählt vier große Geschichten. Nennen wir die Erste davon „Das Gewissen“. Um Rosa zurück zu gewinnen, streuen die beiden Herren der Stadt (Benoni und Maack) das Gerücht, Rosas Mann sei ums Leben gekommen. Rosa glaubt es und verheiratet sich neu. Doch da gibt es einen, dessen Besuche sie heimsuchen und Schlechtes bringen. Sein Name ist Gilbert. Er erzählt ihr, dass Nikolai noch am Leben ist und sie in Sünde lebt.
Die zweite Geschichte ist die des Aufstiegs. Benoni kauft eine Silbermine und ist dadurch binnen kürzester Zeit ein gemachter Mann. Er kann es jetzt sogar mit Maack aufnehmen, dem alteingesessenen Herrscher über Stadt und Leute. Eindrücklich schildert Hamsun, wie gewöhnungsbedürftig es ist, wenn Geld und „Pöbel“ zusammen kommen. Der Begriff „Neureicher“ dürfte hier seine erste frühe Beschreibung bekommen.
Die dritte Geschichte ist die schönste. Quasi der Schelmenroman Rosa. Es ist die Geschichte von Maack, dem Frauenheld, der es faustdick hinter den Ohren hat. Er lässt die Frauen des Dorfes regelmäßig zu sich kommen, um ihm beim Bade Gesellschaft zu leisten. Benoni und alle Ehemänner wollen diesem verruchtem Treiben endlich ein Ende bereiten, stehlen eines Nachts die Badewanne und vergraben sie tief in norwegischer Erde. Die Folgen dieser Tat sind höchst amüsant.
Vierte und letzte Geschichte: die älteste und deshalb sehr vertraute von unerfüllter Liebe und ewiger Sehnsucht. Hamsuns Variante des ewig gleichen Themas ist deswegen nicht neu. Parelius und in gewisser Weise auch Edvarda, die Tochter Maacks, müssen sie leiden und verdienen damit unser Mitgefühl.