Die Habenichtse von Katharina Hacker

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Isabelle und Jakob begegnen sich auf einer Studentenfeier in Freiburg, schlafen miteinander und verlieren sich aus den Augen. Doch über Jahre hinweg halten sie das, was passiert ist, für etwas Besonderes. So erscheint es nur logisch, dass eine Party im Berlin der Neunziger, auf der sie sich wieder sehen können, ein Grund für Jakob ist, eine Geschäftsreise nach New York abzusagen und sich von seinem Kollegen und Freund vertreten zu lassen.
Nach diesem Wiedersehen trennt sich Isabelle von Andras, heiratet Jakob und geht mit ihm nach London. Der junge Anwalt soll sich um die Klienten kümmern, die Ansprüche auf ehemalige ostdeutsche Grundstücke und Immobilien anmelden. Isabelle will weiterhin für ihre Grafikagentur in Berlin arbeiten. Kentish Town, eines der Viertel Londons, in dem sich ein viktorianisches Reihenhaus an das andere reiht, wird vorerst das Zuhause der Beiden.
Dass diese Gegend ihre besten Zeiten hinter sich hat, schreckt das junge Paar nicht ab. Auch die Menschen, die hier leben, wissen nichts mehr davon. Da ist die zurückgebliebene und misshandelte fünfjährige Sara, die Wand an Wand mit Isabelle lebt und ihr als Vorlage für eine Kinderbuchfigur dient. Und da ist Jimmy, der sich mit Drogendeals sein Geld verdient und von dessen Unberechenbarkeit und Brutalität sich Isabelle auf merkwürdige Weise angezogen fühlt. Die Begegnung mit Beiden wird für Isabelle zur existenziellen Erfahrung …

Hacker versteht es, jede Figur mit viel Menschenkenntnis überzeugend herauszuarbeiten und schafft damit alles, nur keine Allerweltscharaktere. Das Buch ist deshalb neben einem historischen Zeitzeugnis auch ein emotionales oder psychologisches. Es wirft Fragen auf wie: Was passiert mit einem, wenn nichts normal, aber trotzdem alles egal ist. Wieviel hat das eigene Ich noch mit einem selbst zu tun? Und zu guter Letzt: Wo findet man das „Ding“, für das man sterben würde …

Katharina Hacker erhielt für ihr Buch Die Habenichtse den Deutschen Buchpreis 2006. Die Jury lobte besonders die flirrende, atmosphärisch dichte Sprache, in der die Autorin ihre Helden durch Geschichtsräume und in Problemfelder der unmittelbarsten Gegenwart führt. Die Autorin setzte sich damit u. a. gegen Thomas Hettche Woraus wir gemacht sind, Ingo Schulze Neue Leben und Martin Walsers Angstblüte durch.

Die Bücherfrau gibt deshalb dreieinhalb Punkte.

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